REISEBERICHT MAROKKO
Meine ganz persönliche Einschätzung
Marokko ist ein interessantes Land und auf jeden Fall eine Reise wert.
Marokko ist groß, schön und landschaftliche vielseitig. Aber weit weg.
Fährt man auf dem Landweg nach Marokko, so muss man 2.800 Km Anreise (von Norddeutschland) in Kauf nehmen. Das sind, je nach Fahrzeugart, schon mal 600 Liter Diesel. Hinzu kommen allein für die Autobahn in Frankreich (hin und zurück) 160,- € dazu und die gleiche Summe für Spanien. Und dann kommt noch die Fähre Tarifa -Tanger, die bei 2 Personen im Auto noch einmal 240,- (hin und zurück) kostet.
Da wir Marokko zum ersten Mal bereist haben, haben wir uns für die Kombination entschieden. Anreise mit dem Schiff von Genua und Rückreise durch Spanien.
48 Stunden auf dem Schiff waren entsprechend von Langeweile geprägt. Die Vorfreude hat das aber erträglich gemacht.
Da wir über ausreichend Zeit verfügten, haben wir erst einmal in Tanger auf dem Campingplatz bei den Grotten übernachtet. (Bis Mitte 2015 wird gebaut und die Grotten kann man nicht besichtigen) Dann ging die Fahrt durch das Gebirge vom Riff. Hier ist eines der größten Cannabis Anbaugebiete der Welt. Und in dem kleinen Cafe, in dem wir Pause gemacht haben, wurde ungeniert der Joint geraucht.
Wir sind durch abgelegene Dörfer gefahren, in denen man nicht wohnen möchte.
Unsere erste touristische Station war Fes, eine der vier Königstädte. Mit Bus und Führer haben wir uns die Stadt angesehen und am Orient geschnuppert. In den kleinen verwinkelten Gassen hatte man den Eindruck, dass jeden Moment Ali Baba auftauchen müsste. Berühmt ist Fes nicht nur durch die eindrucksvolle Altstadt und die Prachtbauten, sondern auch durch die Ledergerberei. Über Umwelteinflüsse wollen wir an dieser Stelle lieber nicht reden. Überflüssiges geht in den Bach.
Dann folgte eine herrliche alpine Strecke durch das Atlasgebirge. Dabei sind wir auch durch Ifrane gefahren. Eine Stadt, die auch irgendwo in Deutschland sein könnte. Auf 2000 Meter Höhe haben wir dann am Lac Tisnet Quartier machen wollen. Aber hier war alles leer und es schien unbewohnt und verlassen. Und dann erschien eine ältere Dame, nickte und gab uns zu verstehen, dass hier tatsächlich der Campingplatz sei. Sie servierte und erst einmal ein Tea a la Menthe und alles war gut. Bis zum Einbruch der Dunkelheit waren dann noch je eine Gruppe Schweizer und Franzosen eingetroffen, sodass wir mit Lagerfeuer ein richtiges Offroad-Camp hatten. Am Morgen servierte uns unsere Gastgeberin warmes Fladenbrot. Tee und Brot waren im Übernachtungspreis von rund 7,- € enthalten.
Oder sagen wir mal, es war ein Geschenk.
Unser nächstes Ziel war Merzouga, direkt vor den großen Dünen des El Chebbi.
Um dort hin zu gelangen, mussten wir das Atlasgebirge überqueren. Wir sind mit unseren Autos dann auf über 2.500 Meter NN gekommen. Erlebnisreich und mit atemberaubenden Aussichten.
Und dann kam alles anders als geplant. Wir wollten eigentlich an diesem Tag nur ein bisschen in den Dünen spielen. Aber mit vollem Luftdruck saß ich relativ schnell im Sand fest. Und genau so schnell war Mohamed, ein deutschsprechender Berber da, der uns für die Durchquerung der Dünen ein paar Tipps gab. Ratzfatz hatten wir ihn als Führer engagiert und wir fuhren mit nur 1.1 bar Luftdruck mit ihm sofort los.
Und Mohamed kannte die Dünen. Das haben wir sofort gemerkt. Er hat uns souverän durch das Dünenmeer geführt und wir sind atemberaubende Sanddünen gefahren.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich über Rassani nach Zagora fahren, weil wir in der Vorbereitung gelesen hatten, dass die Piste entlang der algerischen Grenze nicht ungefährlich sei. Und so kam es wie es kommen musste. Mohamed bot sich an, mit uns diese (angebliche Traumpiste) zu fahren. Nach langen Verhandlungen hatten wir uns dazu durchgerungen, ihn noch einmal als Führer zu engagieren. Die Strecke war zwar schön, aber weder gefährlich noch (mit Hilfe der entsprechenden GPS Daten) schwer zu finden. Irgendwie hat er wohl unseren Unmut gespürt und hat sich dann
bei bester Gelegenheit abgesetzt. Und wir waren nicht böse darüber.
Jetzt hatte uns der Ehrgeiz gepackt. Den Rest der Piste bis Form Zougid wollten wir jetzt auch noch fahren. Allein. Zunächst hatten wir zwar den richtigen Einstieg gefunden, dann aber festgestellt, dass die schöneren Dünen südlicher, also dichter an der algerischen Grenze liegen. Also haben wir ohne GPS Piste einfach die flache Wüste nach Kompass gequert und waren dann im El Chagagga. Vor uns hohe, langgezogene Dünenfelder. Kilometer um Kilometer. Phantastisch.
Dann kamen wir in die Stein-Wüste und immer wieder gab es Militärposten, die unsere Fiches haben wollten. Das sind die Listen, auf denen die Namen der Teilnehmer stehen und die Adresse und die Pass Nummern. Zum Glück hatten wir ausreichend Kopien dabei. Die Militärposten muss man sich so vorstellen. Mitten im Nichts befindet sich auf der Piste eine Schranke. Daneben stehen 2 Männer. T-Shirt, Jogginghose, Badelatschen und ein Funkgerät. Sie waren allesamt nett, haben freundlich mit uns geplaudert, eine Zigarette erbeten und haben uns dann eine gute Reise gewünscht. Bon Voyage.
Um die Mittagszeit hatten wir in diesem Gebiet 40 Grad und wir konnten zusehen, wie an 2 Autos die Hohlraum Konservierung aus dem Rahmen tropfte. Noch am Abend hatten wir 28 Grad. Herrlich.
Mal wieder der Discovery. Irgendein Geräusch war zu hören. Auf dem nächsten Campingplatz habe ich mich dann unter das Auto gelegt. Der Auspuff klapperte. Es hatte sich durch die ständige Vibration die Gummihalterungen verschoben. Gleich hinter dem Campingplatz war ein „Werkstatt“. Der Monteur hat die Gummis wieder an die richtige Stelle gebracht und zusätzlich mit Strapsbändern gesichert. Das Ganze hat 10 Minuten gedauert – na, sagen wir ¼ Stunde. Dafür wollte er 20 €. Ich habe den Kopf geschüttelt und ihm 10 € gereicht. Er sah mich an, nickte und die Sache war für beide erledigt. Wir sind halt in Arabien. Man kann es ja mal versuchen.
Nachdem die Klappergeräusche vom Auspuff weg waren, war da aber immer noch ein Geräusch zu hören, das nicht da sein sollte. Ein Schnarren, wenn ich Gas gab.
Im Leerlauf war alles ruhig. Was könnte das sein?
Aber erst einmal haben wir unsere nächsten Ziele angefahren und dann ging es nach Marrakech. Die Geräusche waren immer noch da. Vielleicht waren sie sogar lauter geworden. Thomas und Norbert haben dann mit mir eine Probefahrt gemacht und wir haben entschieden, dass dieses Geräusch „bedenklich“ ist. Es war Ostersamstag.
Per Internet haben wir die Adresse der Land Rover Werkstatt erfahren und sind hin gefahren. Moderner Prachtbau mit viel Glas und Neuwagen vor dem Gebäude. Aber leider bis Montag geschlossen. Wir sind dann einfach von der Hauptstraße abgefahren und waren in einem Gebiet, wo man nachts lieber nicht allein rum läuft. So zumindest vom Gefühl.
Da ich aber schon 10 Mal in Tunesien war, war mir so ein Stadtgebiet nicht fremd.
Und tatsächlich haben wir ein Schild „Auto Mechanique“ gefunden und angehalten.
Da ich mein Auto für die Übernachtung benötigte, haben wir uns mit dem Mechaniker für den nächsten Morgen um 10.00 Uhr verabredet.
Wie gute Deutsche nun mal sind, waren wir schon um 9.30 Uhr dort. Die Straße war menschenleer. Vor der Werkstatt stand lediglich ein altes, herrenloses und krankes Pferd. Dann kam der Mechaniker, schloss seine Werkstatt auf brachte uns einen Kaffee und steckte sich erst einmal einen Joint an. Dann verschwand er für eine (empfundene) Ewigkeit und kam dann mit einem Kollegen wieder. Das Auto wurde, halb auf dem Gehweg und halb auf der Straße mit Wagenheber und Betonklötzen komplett aufgebockt. Dann setzte sich der Eine ins Auto und schaltete den Wagen mit entsprechendem Gas durch. Ich schätze, dass sich die Räder mit ca. 40 km/h drehten. Währenddessen lag der Andere unter dem Auto und lauschte. Über unser Gedanken und Gefühle bei diesem Anblick möchte ich lieber nicht berichten.
Dann schien der Mechaniker das Problem entdeckt zu haben und lud mich unter mein Auto ein. Mit Todesverachtung bin ich unter mein Auto gekrabbelt. Die Räder drehten immer noch kräftig. Ergebnis: Das vordere Kreuzgelenk verursachte die Geräusche. Er gab mir zu verstehen, dass er die Kardanwelle ausbauen muss um das Kreuzgelenk zu fetten. Man muss sich vorstellen, dass dieses Fahrzeug am vorderen Kreuzgelenk tatsächlich keinen Schmiernippel hatte.
Irgendwann, nach dem 3ten Joint, lag das Kreuzgelenk vor uns. Trocken, rostig und unbrauchbar. Mimik und Gestik ergaben, dass er versuchen wollte ein Kreuzgelenk zu bekommen. – Am Ostersonntag in Marrakesch -
Dann kam er wieder. Rauchte und wir warteten. Dann kam ein Junge, der ein gebrauchtes Kreuzgelenk brachte. 5 Minuten später kam jemand mit einer kompletten Kardanwelle aus einem 1998er Range Rover und kurz darauf erschien ein Junge mit einem original verpackten Gelenk. Das wurde dann eingebaut. Ich möchte nur kurz erklären, dass man zum Einbau der Kardanwelle den Gang besser raus nimmt, damit man arbeiten kann. Dann war alles erledigt und der Wagen wurde wieder auf seine eigenen Räder gestellt. Und da der Gang immer noch raus war, lag der Mechaniker zu guter Letzt dann doch noch als Bremsklotz hinter dem Auto. Zum Glück ist nichts weiter passiert. Der ganze Spaß sollte 100,- € kosten. Ich habe nicht verhandelt, mich bedankt, den Mechaniker in den Arm genommen und dann sind Thomas (der den ganzen Tag bei mir war) und ich los gefahren. Zurück zum Campingplatz. Zum Glück hatte Renate uns auf dem Navigationsgerät den Campingplatz als Favoriten gespeichert. Der Rest unsere Reisegruppe hatte sich in der Zwischenzeit Marrakesch angesehen.
Um es kurz zu machen. Weitere technische Probleme gab es nicht.
Nach Marrakesch folgte der Besuch von Casablanca und Rabat und es wurde noch ein Badetag eingelegt, bei dem wir uns alle Bauch und Beine verbrannt haben.
Die kleine Fähre nach Europa benötigt nur 35 Minuten. Dann waren wir in der Nähe von Gibraltar und haben uns natürlich noch den berühmten Affenfelsen angesehen.
Von dort nach Granada, zu den Western-Filmstudios und durch die Sierra Nevada immer im Landesinneren in Richtung Norden. Letzte Übernachtung an der Costa Brava - und nach 1 ½ Tagen Fahrt waren wir wieder zu Hause.
In knapp 5 Wochen sind wir 7.700 Kilometer gefahren. Davon 3.500 allein in Marokko. 300 Kilometer sind wir durch menschleeres Gebiet entlang der algerischen Grenze gefahren. Eine harmonische und überaus erlebnisreiche Reise hat sein Ende gefunden. Unfallfrei und ohne Krankheit.